Kinder als zukünftige Weltenbürger

Auszüge aus dem Buch „Probleme der Menschheit“, von Alice A. Bailey


zusammengestellt von Ralf Manthey



Vorwort
Alice A. Bailey hat die Inhalte ihrer
zahlreichen Bücher in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts telepathisch vom dem tibetischen Meister „Dwahl Khul“ empfangen und aufgeschrieben. Das Buch „Probleme der Menschheit“ ist kurz nach dem 2. Weltkrieg von ihr verfasst worden. In diesem Werk werden die Missstände der verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche behandelt, wie sie sich kurz nach dem 2. Weltkrieg darstellten. Gleichzeitig werden die Ursachen und entsprechende kurz- und langfristigen Lösungsansätze aufgezeigt. Die folgenden Auszüge aus dem Buch beziehen sich speziell auf die Situation der Kinder und Jugendlichen, denen in diesem Buch ein Kapitel gewidmet sind. Da das Buch vor fast 80 Jahren erschienen ist, wirken einige Formulierungen heute ein wenig altmodisch. Auch sind einige in diesem Buch erwähnten Zielsetzungen bereits angegangen und umgesetzt worden. Die Analysen und Schlussfolgerungen des Buches sind aber in Kern immer noch hoch aktuell.

HINWEIS: An dieser Stelle möchte ich mich herzlichst beim Lucis Trust Verlag für die Genehmigung der Veröffentlichung folgender Auszüge  aus dem Buch „Probleme der Menschheit“, von Alice A. Bailey bedanken. Die Auszüge habe ich folgender Internetseite entnommen: 

https://www.lucistrust.org/de/online_books/problems_humanitychapter_ii_the_problem_the_children_the_world_part1

Auf der Webseite von Lucis Trust kann man kostenlos – neben den anderen Büchern von Alice A. Baily – das Buch im vollen Umfang nachlesen. Ich empfehle aber, dass man sich das Buch dort bestellt, weil man so die ehrenamtliche wertvolle Arbeit von Lucis Trust unterstützt.

Abschließend möchte ich noch das Buch „Erziehung im Neuen Zeitalter“, von Alice A. Bailey empfehlen, welches sich vertieft mit der hier nur angerissenen Thematik der Erziehung und Bildung befasst.


Hier nun einige Auszüge aus dem oben genannten Buch „Probleme der Menschheit“, von Alice A. Bailey

Kapitel II - Das Problem der Kinder der Welt - Teil 1

"Dieses Problem ist zweifellos das brennendste, mit dem die Menschheit heute konfrontiert ist. Die Zukunft der Menschenrasse liegt in den Händen der Jugend, überall. Sie sind die Eltern der kommenden Generationen und die Konstrukteure, welche die neue Zivilisation zur Durchführung bringen müssen. Was wir mit ihnen und für sie tun, wird schwerwiegende Folgen haben. Unsere Verantwortung ist groß und unsere Gelegenheit einmalig.

Dieses Kapitel behandelt die Kinder und Jugendlichen unter sechzehn Jahren. Diese beiden Altersgruppen sind das hoffnungsvollste Element in einer Welt, die vor unseren Augen in Trümmer gegangen ist. Sie sind die Garantie, dass unsere Welt wieder aufgebaut werden kann, und falls wir aus der Geschichte und ihren schrecklichen Folgen während unserer Lebenszeit etwas gelernt haben, muss sie nach anderen Richtlinien wieder aufgebaut werden, mit anderen Voraussetzungen und Beweggründen, mit klar umrissenen Zielen und sorgfältig durchdachten Idealen. Wir beginnen mit der Erkenntnis, dass unsere Erziehungssysteme unzulänglich waren; sie waren nicht geeignet, die Kinder zu richtigem Leben zu erziehen; sie haben ihnen nicht jene Methoden des Denkens und Handelns eingeprägt, die zu den richtigen mitmenschlichen Beziehungen führen - nämlich zu so solchen Beziehungen, die für Glück, Erfolg und volle Erfahrung auf irgendeinem beliebigen Gebiet menschlicher Unternehmungen so wesentlich sind. Die besten Köpfe und klarsten Denker des pädagogischen Bereichs sind stets bereit, diese Ideen zu bekräftigen. Die progressiven Bewegungen im Erziehungswesen haben zwar dazu beigetragen, alte Missbräuche zu beseitigen und neue Methoden einzuführen, sind aber eine so kleine Minderheit, dass sie relativ wirkungslos bleiben. Man sollte sich darüber klar sein, dass der Weltkrieg vielleicht nie zustande gekommen wäre, wenn die Jugend während der vergangenen Jahrhunderte eine andere Erziehung erfahren hätte.

Erziehung ist eine tief geistige Angelegenheit, sie bezieht sich auf den ganzen Menschen, also einschließlich seines göttlichen Geistes.

Erziehung, die in den Händen irgendeiner Kirche liegt, würde Unheil bedeuten. Es würde Sektierertum nähren und die konservativen, reaktionären Einstellungen fördern, die zum Beispiel von der katholischen Kirche und den Fundamentalisten in den protestantischen Kirchen so stark betont werden. Das würde Frömmler erzeugen, zwischen den Menschen Schranken aufrichten und am Ende bloß alle jene, die erst im reifen Mannesalter selbständig denken lernen, unvermeidlich und mit Macht jeglicher Religion entfremden. Dies ist keine Anklage gegen die Religion. Es ist eine Anklage gegen die früheren kirchlichen Methoden und alten Theologien, die es nicht zuwege brachten, Christus so darzustellen, wie Er eigentlich ist. Die für Reichtum, Ansehen und politische Macht gearbeitet und mit allen verfügbaren Mitteln danach gestrebt haben, ihre Mitgliederzahlen zu vergrößern und den freien Geist im Menschen einzukerkern. Heute gibt es weise und gute Kirchenmänner, die das erkennen und für eine zeitgemäße Annäherung an Gott arbeiten, aber es sind verhältnismäßig nur wenige. Nichtsdestoweniger kämpfen sie gegen theologische Kristallisation und akademische Axiome. Sie werden unvermeidlich Erfolg dabei haben und so den religiösen Geist bewahren.

Nun wollen wir zu erfassen suchen, was das Ziel der neuen pädagogischen Bewegung sein sollte und welches die Wegmarken auf dem Wege zum Ziel sind. Wir wollen versuchen, einen Plan auf weite Sicht zu entwerfen, der von den jetzt angewandten Methoden keine Behinderung erfahren wird, der die Vergangenheit vermittels all dessen mit der Zukunft verbindet, was (als Erbteil der Vergangenheit) wahr, schön und gut ist, der aber gewisse grundlegende Ziele hervorheben wird, die bisher weitgehend ignoriert worden sind. Diese neueren Verfahren und Methoden müssen nach und nach entwickelt werden, und sie werden den Integrationsprozess des ganzen Menschen beschleunigen.

Es gibt für die zukünftige Welt keine Hoffnung, es sei denn in einer Menschheit, welche die Tatsache des Göttlichen akzeptiert, (sogar unter Ablehnung der Theologie), welche die Gegenwart des lebendigen Christus anerkennt, indem sie menschliche Auslegungen Seines Wesens und Seiner Botschaft zurückweist und das Hauptgewicht auf die Autorität der menschlichen Seele legt.

Die Zukunft, die vor uns liegt, ist voll Verheißung. Und diese Zuversicht wollen wir auf die Menschheit selber gründen. Wir wollen die selbst erwiesene Tatsache anerkennen, dass jedem Menschen eine besondere Eigenschaft innewohnt, ein eingeborenes, charakteristisches Merkmal, das man als «mystische Wahrnehmung» bezeichnen könnte. Dieses charakteristische Merkmal deutet auf ein unvergängliches, jedoch oft nicht erkanntes Gottesbewusstsein hin. Damit verbindet sich die stetige Möglichkeit, nicht nur die Seele zu erschauen und mit ihr in Verbindung zu kommen, sondern auch das Wesen des Weltalls (mit zunehmender Fähigkeit) zu erkennen. Dieser Sinn ermöglicht es dem Philosophen, die Welt der inneren Bedeutung wahrzunehmen und - mit Hilfe jener Wahrnehmung - mit der Wirklichkeit in Berührung zu kommen. Es ist vor allem die Kraft, zu lieben und sich dem zuzuwenden, was anders ist als das Selbst. Dieser Sinn verleiht die Fähigkeit, Ideen zu erfassen. Die Geschichte der Menschheit ist im Grunde die Geschichte des Wachstums von Ideen, die in zunehmendem Masse erkannt werden und des Menschen Entschlossenheit, danach zu leben. Mit dieser Kraft kommt die Fähigkeit, das Unbekannte zu erfühlen, an das Unbeweisbare zu glauben und das Suchen, Forschen und Verlangen nach der Enthüllung dessen, was verborgen und unentdeckt ist, und das - Jahrhundert um Jahrhundert - dank diesem wissbegierigen Forschergeist auch enthüllt wird. Es ist die Kraft, das Schöne, das Wahre und das Gute zu erkennen und vermittels der kreativen Künste deren Existenz zu beweisen. Es ist diese innewohnende geistige Fähigkeit, die alle großen Söhne Gottes hervorgebracht hat, alle wahrhaft geistigen Menschen, alle Künstler, Wissenschaftler, Menschenfreunde und Philosophen und alle jene, die ihre Mitmenschen aufopfernd lieben. Das sind die Grundlagen von Optimismus und Mut für alle wahren Erzieher, und hierin liegt der wahre Ansporn für ihre Bemühungen.

Unsere jetzige Zivilisation wird als eine ausgeprägt materialistische in die Geschichte eingehen. Es hat bisher schon viele materialistische Zivilisationen in unserer Geschichte gegeben, aber keine war so weit verbreitet wie die gegenwärtige oder hat so ungezählte Millionen Menschen umfasst. Man sagt uns immer, die Ursache des letzten Krieges sei eine wirtschaftliche gewesen. Das ist sicher richtig, aber der Grund dafür ist, dass wir so viele Bequemlichkeiten und «Dinge» gefordert haben, um «einigermaßen gut» leben zu können.

Der Pioniergeist, auf dessen Hintergrund alle Nationen entstanden sind, verlor sich in den meisten Fällen in einer verweichlichten Zivilisation. Das trifft besonders auf die westliche Hemisphäre zu. Unser zivilisierter Lebensstandard ist vom Standpunkt des Besitzes viel zu hoch und vom Gesichtspunkt geistiger Werte aus oder im Sinne eines intelligenten Wertvergleichs viel zu niedrig.

Unsere moderne Zivilisation wird die Feuerprobe ihrer Werte nicht bestehen.

Heute wird eine Nation als zivilisiert betrachtet, wenn sie Wert auf mentale Entwicklung legt, wenn sie Prämien für Analysen und Kritik aussetzt und wenn all ihre Ressourcen in die Befriedigung physischer Wünsche gelenkt werden, in die Produktion von materiellen Dingen, die materielle Zwecke erfüllen, um sie in der Welt konkurrenzfähig zu machen und dadurch zu befähigen, Reichtümer anzuhäufen, Besitz zu erwerben, einen hohen materiellen Lebensstandard zu erreichen und die Produkte der Erde aufzukaufen, weitgehend zum Vorteil gewisser Gruppen ehrgeiziger und wohlhabender Menschen.

Das ist eine drastische Verallgemeinerung, die in ihren Hauptfolgerungen grundsätzlich richtig ist, aber nicht zutrifft, soweit sie einzelne betrifft. Für diese traurige und schauderhafte Situation (die sich die Menschheit ausschließlich selber geschaffen hat) müssen wir mit Kriegen bezahlen. Weder die Kirchen noch unsere Erziehungssysteme waren in ihrer Darlegung der Wahrheit vernünftig genug, diese materialistische Tendenz zu verhindern. Die Tragödie besteht darin, dass die Kinder der Welt den Preis für unsere Übeltaten bezahlt haben und weiter bezahlen. Der Krieg hat seine Wurzeln in der Habgier. Das Motiv der Nationen war ohne Ausnahme materieller Ehrgeiz, all unser Planen war auf die Organisierung des nationalen Lebens gerichtet, so dass materieller Besitz, Überlegenheit im Konkurrenzkampf und individuelle und nationale selbstsüchtige Interessen alles kontrollierten. Hierzu haben alle Nationen auf ihre eigene Weise und in verschiedenem Grade beigetragen. Keine Nation hat saubere Hände, und daher der Krieg. 

Die  Menschheit  ist  mit  der  Gewohnheit der Selbstsucht und einer angeborenen Liebe zu materiellen Besitztümern behaftet. Das hat unsere moderne Zivilisation hervorgebracht, und aus diesem Grunde wird sie jetzt verändert.

Der kulturelle Faktor jeder Zivilisation ist Erhaltung und Berücksichtigung des Besten, was die Vergangenheit gebracht hat sowie Bewertung und Studium von Kunst, Literatur und Musik, und des schöpferischen Lebens aller Nationen - des vergangenen und des gegenwärtigen. Es geht um den verfeinernden Einfluss, den diese Faktoren auf eine Nation und auf jene Einzelnen in einer Nation ausüben, die (meist in finanzieller Hinsicht) so gestellt sind, dass sie davon profitieren und sie würdigen können. Das so gewonnene Wissen und Verständnis befähigt den kultivierten Menschen, die Welt der Bedeutung (wie sie ihm von der Vergangenheit überliefert wurde) mit der Welt der Erscheinungen, in der er lebt, in Beziehung zu bringen und sie als eine Welt zu betrachten, die doch vor allem zu seinem eigenen Vorteil existiert. Wenn er aber der Würdigung unseres planetarischen und rassischen Erbes, des schöpferischen ebenso wie des historischen, das Verständnis für geistige und moralische Werte hinzufügt, dann nähern wir uns dem, was ein wahrhaft geistiger Mensch sein sollte. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung der Erde gibt es nur selten und nur wenige solche Menschen. Aber diese verbürgen der übrigen Menschheit eine echte Möglichkeit.

Werden die kultivierten Menschen ihre große Gelegenheit erkennen? Werden unsere zivilisierten Bürger die Chance wahrnehmen, neu aufzubauen - aber diesmal keine materielle Zivilisation, sondern eine Welt der Schönheit und richtigen menschlichen Beziehungen, eine Welt, in der die Kinder tatsächlich…...zur Einfachheit der geistigen Werte, der Schönheit, der Wahrheit und Güte zurückkehren können?

Die Erzieher, welche die gegenwärtigen Möglichkeiten der Welt vor sich sehen, sollten dafür sorgen, dass für die kommende Zivilisation eine gesunde Grundlage geschaffen wird; sie müssen das ihre tun, damit es eine allgemeingültige, gemeinschaftliche, weltumfassende Zivilisation wird, die in ihrer Darstellung wahr und in ihren Bestrebungen konstruktiv ist. Die Schritte, die von den Erziehern der verschiedenen Länder unternommen werden, werden unvermeidlich bestimmen, welcher Art die kommende Zivilisation sein wird. Sie müssen sich auf eine Erneuerung aller Gebiete der Kunst und auf ein neues und freies Wirken des kreativen Geistes im Menschen vorbereiten. Außerdem müssen sie vor allem jene großen Augenblicke in der menschlichen Geschichte besonders deutlich hervorheben, in denen das Göttliche im Menschen aufleuchtete, neue Denkrichtungen wies, neue Arten menschlicher Planungen zeitigte und dadurch den menschlichen Angelegenheiten für alle Zeiten eine neue Wendung gab. Diese Augenblicke brachten (1215) die Magna Charta hervor; sie erweckten mit Hilfe der französischen Revolution die Begriffe der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu neuem Leben, sie erzeugten die amerikanische «Bill of Rights» und gaben uns in unserer Zeit die Atlantik-Charta und die Vier Freiheiten. Dies sind die großen Konzepte, die das neue Zeitalter mit seiner neu erstehenden Zivilisation und künftigen Kultur bestimmen müssen. Wenn unseren Kindern die Bedeutung dieser fünf großen Deklarationen gelehrt und gleichzeitig die Nutzlosigkeit von Hass und Kriegsführung deutlich gemacht werden wird, besteht Hoffnung auf eine bessere und glücklichere und auf eine sicherere Welt.

Zwei Hauptideen sollten den Kindern jedes Landes sofort eingeprägt werden, und das sind:

Der Wert des Einzelnen und die Tatsache der einen Menschheit.

Die Kriegsjugend hat aus eigener Anschauung gelernt, dass menschliches Leben nur geringen Wert besitzt; die faschistischen Länder haben gelehrt, dass das Individuum gänzlich wertlos ist, außer insoweit, als es die Pläne irgend eines Diktators durchführen hilft. In anderen Ländern werden einige Menschen und einige Gruppen - wegen ihres ererbten Ranges oder ihrer finanziellen Vormachtstellung - als wichtig und der Rest der Nation als unwichtig erachtet. In wieder anderen Ländern betrachtet sich der Einzelne selbst als von so großer Wichtigkeit und sein Recht, zu tun, was ihm beliebt, von so großer Bedeutung, dass seine Beziehung zum Ganzen völlig verloren geht. Und dennoch ist der Wert des Einzelnen und die Existenz jenes Ganzen, das wir Menschheit nennen, sehr eng miteinander verbunden. Das muss betont werden. Werden diese beiden Grundsätze richtig verstanden, führen sie zu einer verstärkten Kultivierung des Individuums und dann zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit als wichtiger Bestandteil der Menschheit als Ganzem.

Wir haben die physische und psychologische Rehabilitation der Kinder und der Jugend der Welt kurz gestreift. Wir haben angeregt, dass die Schulbücher neu geschrieben werden sollen und zwar im Sinne rechter menschlicher Beziehungen und nicht aus einem nationalistischen und separativen Standpunkt. Wir haben auch auf bestimmte grundlegende Ideen hingewiesen, welche sofort einbezogen werden sollten: der einzigartige Wert des Individuums, die Schönheit der Menschheit, die Beziehung des Einzelmenschen zum Ganzen und seine Verantwortung, die darin besteht, sich freiwillig und in konstruktiver Weise in den allgemeinen Plan einzufügen. Wir versuchten zu zeigen, dass die Nutzlosigkeit von Krieg, Habgier und Aggression betont werden muss, und dass wir, wenn die Sicherheit wiederhergestellt ist, auf ein großes Erwachen der schöpferischen Fähigkeit im Menschen gefasst sein müssen. Und wir haben den nahe bevorstehenden Anbruch einer geistigen Renaissance erwähnt.

Eines unserer nächstliegenden Erziehungsziele muss die Ausmerzung des Konkurrenzgeistes sein, der durch kooperatives Bewusstsein ersetzt werden muss. Hier erhebt sich sofort die Frage: Wie kann man das bewerkstelligen und gleichzeitig einen hohen Grad des individuell Erreichbaren herbeiführen? Ist nicht Wettbewerb ein Hauptansporn für jedes Unternehmen? Dies war bis jetzt der Fall; aber es muss nicht so bleiben. Die Entwicklung einer Atmosphäre, die den Sinn der Verantwortlichkeit des Kindes fördert und es von den durch Furcht erzeugten Hemmungen befreit, wird es ihm möglich machen, sogar noch bessere Resultate zu erzielen. Vom Standpunkt des Erziehers wird das die richtige Atmosphäre für das Kind schaffen, und in dieser Atmosphäre werden bestimmte Eigenschaften gedeihen und bestimmte Kennzeichen von Verantwortungsgefühl und gutem Willen werden sich zeigen. Was ist das Wesen dieser Atmosphäre?

1. Eine Atmosphäre der Liebe, aus der die Furcht ausgeschlossen ist und das Kind erkennt, dass es keinen Grund gibt, ängstlich zu sein. Es ist eine Atmosphäre, in der es höflich behandelt wird, und wo man von ihm erwartet, dass es anderen gegenüber ebenso höflich ist. Eine solche Atmosphäre ist übrigens in Schulen und Elternhäusern recht selten anzutreffen. Sie entspringt der Liebe, aber nicht einer gefühlsbetonten oder sentimentalen Liebe, sondern gründet sich auf der Erkenntnis des Potentials des Kindes als Individuum, auf Freiheit von Vorurteilen und Rassenfeindschaft, und auf echter, mitfühlender Zärtlichkeit. Diese mitfühlende Einstellung wurzelt in der Erkenntnis der Schwierigkeiten des täglichen Lebens, in sensitiver Reaktion auf die normale Zärtlichkeit eines Kindes und in der Überzeugung, dass Liebe immer das Beste in jedem hervorruft.

2. Eine Atmosphäre der Geduld. In einer solchen Atmosphäre kann das Kind die Anfangsgründe der Verantwortlichkeit lernen. Die Kinder, die während dieser Periode geboren wurden und jetzt überall anzutreffen sind, besitzen eine hochgradige Intelligenz; ohne es zu wissen, sind sie geistig lebendig, und die ersten Anzeichen dieser Lebendigkeit zeigen sich als Verantwortungsgefühl: Sie wissen, dass sie ihres Bruders Hüter sind. Das geduldige Einprägen dieser Eigenschaft, das Bestreben, sie kleine Pflichten übernehmen und Verantwortung tragen zu lassen, werden viel Geduld vom Erzieher fordern, ist aber von entscheidender Bedeutung für die Charakterbildung des Kindes in Richtung zum Guten und für seine künftige Brauchbarkeit in der Welt.

3. Eine verständnisvolle Atmosphäre. So wenige Lehrer oder Eltern erklären einem Kinde die Gründe für das, was es tun soll und was von ihm gefordert wird. Eine solche Erklärung wird aber unweigerlich eine Reaktion hervorrufen, denn ein Kind denkt mehr, als man annimmt, und dieses Vorgehen wird ihm die Wichtigkeit von Motivationen einprägen. Vieles, was ein durchschnittliches Kind macht, ist an sich nicht falsch; es geschieht als Folge seiner vereitelten Fragelust, oder aus dem Impuls, irgend eine Ungerechtigkeit heimzuzahlen, die durch die Unfähigkeit der Erwachsenen bedingt ist, den Beweggrund des Kindes zu verstehen, und wegen der Unfähigkeit des Kindes, die Zeit richtig und nützlich anzuwenden und wegen seines Drangs, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Das sind einfach die ersten Gebärden eines werdenden Individuums. Ältere Menschen sind geneigt, dem Kind ein verfrühtes und unnötiges Gefühl des Unrecht tuns beizubringen; sie reiten auf unbedeutenden Nichtigkeiten herum, nur weil sie lästig sind, die aber übersehen werden sollten. Ein richtiges Gefühl für falsches Handeln, das aus dem Versagen entsteht, rechte Gruppenbeziehungen aufrecht zu erhalten, kann sich nicht entwickeln, solange ein Kind nicht mit Verständnis behandelt wird. Dann werden die wirklich falschen Dinge wie Übergriffe in die Rechte anderer, Durchsetzen der individuellen Wünsche auf Kosten der Gruppe und zu persönlichem Gewinn in der rechten Perspektive und zur rechten Zeit hervortreten. Die Erzieher werden sich daran erinnern müssen, dass Tausende von Kindern ständig zugesehen haben, wie ältere Leute böse Taten verübten; das hat ihre Anschauungsweise verzerrt, ihnen einen falschen Maßstab übermittelt und die rechtmäßige Autorität der Älteren untergraben. Ein Kind neigt dazu, asozial zu werden, wenn es nicht verstanden wird, oder wenn die Verhältnisse es überfordern.

Eine angemessene Atmosphäre, die Übermittlung einiger richtiger Prinzipien und viel liebevolles Verständnis sind vor allem die Erfordernisse für die schwierige Übergangsperiode, in der wir stehen. Eine organisierte Lebensweise wird viel dazu beitragen, aber die Kinder, mit denen wir es zu tun haben, haben wenig Disziplin kennengelernt.

Männer und Frauen in jedem Land, welche die Vision besitzen, müssen gefunden und mobilisiert werden, und sie sind vorhanden. Sie müssen die benötigte Ausrüstung besitzen und die Unterstützung derer, denen sie vertrauen können. Zuerst darf nicht zu viel verlangt werden, denn das unmittelbare Bedürfnis besteht nicht in der Mitteilung von Tatsachen, sondern in der Zerstreuung der Furcht, der Demonstration, dass die Liebe in der Welt existiert und in der Übermittlung eines Gefühls der Sicherheit. Dann und nur dann wird es möglich sein, jene Prozesse in Gang zu bringen, welche den langfristigen Plan, den einige von uns vor Augen haben, zu einer Möglichkeit machen.

Der Plan auf weite Sicht

Jetzt wollen wir einen umfassenderen Plan für die zukünftige Erziehung der Kinder der Welt aufstellen. Wir haben gesagt, dass wir trotz der universellen Entwicklung der Erziehung und der vielen pädagogischen Zentren in jedem Lande bis jetzt noch nicht imstande waren, unseren jungen Leuten die Art von Erziehung dreitausend Jahre entwickelte sich die Erziehung weltweit progressiv auf drei Hauptlinien; sie begann im Osten und findet heute im Westen ihren Höhepunkt. In Asien finden wir durch die Jahrhunderte eine intensive Erziehung gewisser sorgfältig ausgewählter Einzelner, und gleichzeitig wurden die Massen vernachlässigt. Asien und nur Asien allein hat jene hervorragenden Gestalten hervorgebracht, die sogar heute noch Gegenstand universeller Verehrung sind - Laotse, Konfuzius, Buddha, Sri Krishna und Christus. Sie haben Millionen ihren Stempel aufgedrückt und tun es noch immer.

In Europa wurde die erzieherische Aufmerksamkeit auf einige privilegierte Gruppen konzentriert. Sie erhielten eine sorgfältig geplante kulturelle Erziehung, aber den Massen wurden nur die notwendigsten Grundlagen des Lernens beigebracht. Hieraus entstanden - in bestimmten Zeitabständen - wichtige Kulturepochen, wie die Elisabethanische Ära, die Renaissance, die Dichter und Schriftsteller der Viktorianischen Zeit und die Dichter und Musiker Deutschlands, wie auch die große Anzahl von Künstlern, deren Namen in der italienischen Schule und in den niederländischen und spanischen Gruppen fortbestehen. Schließlich wurde in den jüngeren Ländern der Welt, wie den Vereinigten Staaten, Australien und Kanada die Massenerziehung eingeführt und in der ganzen zivilisierten Welt weitgehend nachvollzogen. Das allgemeine kulturelle Niveau wurde viel niedriger und das Niveau der Masseninformation und Qualifikation stieg beträchtlich an. Hier erhebt sich nun die Frage: Welches wird die nächste evolutionäre Entwicklung auf dem Gebiet der Erziehung sein? Was wird nach diesem vollständigen weltweiten Zusammenbruch und dem erkannten Versagen der Erziehungssysteme geschehen, um eine Wiederholung zu verhüten? Einen wichtigen Punkt sollten wir im Auge behalten. Was Erziehung in einer unerwünschten Richtung vollbringen kann, wurde in Deutschland nachdrücklich demonstriert in seinem verderblichen Idealismus, durch das Einprägen falscher menschlicher Beziehungen und Haltungen sowie durch die Verherrlichung all dessen, was äußerst selbstsüchtig, brutal und aggressiv ist. Der Nazismus hat bewiesen, dass sich richtig organisierte und überwachte Erziehungsmethoden, wenn sie systematisch vorbereitet und in eine Ideologie gesteuert werden, machtvoll auswirken, besonders wenn das Kind jung genug erfasst und genügend lange vor andersartigen Belehrungen abgeschirmt wird. Seit damals hat Russland das gleiche System angewandt. Vergessen wir also nicht, dass sich diese bewiesene Durchschlagskraft in zweierlei Richtungen auswirken kann, und dass das, was nach falschen Gesichtspunkten zur Entfaltung gebracht wurde, ebenso erfolgreich in der guten Richtung erreicht werden kann.

Wir sollten erkennen, dass wir zweierlei tun müssen. Erstens unsere erzieherische Aufmerksamkeit besonders auf jene richten, die unter sechzehn sind - je jünger, desto besser. Und zweitens müssen wir mit dem beginnen, was vorhanden ist, auch wenn wir die Begrenztheit der jetzigen Systeme erkennen. Wir müssen dabei jene Aspekte stärken, die gut und erwünscht sind, und die anderen ausmerzen, die sich als untauglich erwiesen haben, den Menschen zu befähigen, sich seiner Umgebung anzupassen. Wir müssen die neue Einstellung und die neuen Methoden entwickeln, die das Kind für ein erfülltes Leben tauglich machen, so dass es wahrhaft «menschlich» werden kann - ein schöpferisches, konstruktives Mitglied der menschlichen Familie. Das, was in der Vergangenheit das Beste war, muss bewahrt werden, aber das sollte nur als Fundament für ein besseres System und eine weisere Annäherung an das Ziel der Weltbürgerschaft betrachtet  werden. 

Hier könnte es wertvoll sein, zu erklären, was Erziehung sein kann, wenn sie durch eine gültige Vision bestimmt und für die erspürte Weltnot und die Anforderungen der Zeit empfänglich wird.

Erziehung ist verständnisvoll übermittelte Schulung, die weltweit die Jugend zu intelligentem, vernünftigem Kontakt mit ihrer Umwelt und zur Anpassung an die bestehenden Verhältnisse befähigen soll. Das ist von größter Wichtigkeit und einer der Wegweiser in der heutigen Welt.

Erziehung ist ein Vorgang, bei dem das Kind mit der Information ausgerüstet wird, die es instand setzt, als guter Bürger zu handeln und später die Funktion eines Elternteils mit Weisheit zu erfüllen. Sie sollte die dem Kinde innewohnenden Tendenzen und seine rassisch und national bedingten Eigenschaften in Betracht ziehen und dazu dann jenes Wissen vermitteln, welches das Kind dazu bringt, in seiner speziellen Umgebung konstruktiv zu wirken und sich als nützlicher Bürger zu bewähren. Die generelle Erziehungstendenz wird psychologischer sein als in der Vergangenheit, und die so gewonnene Information wird seiner speziellen Situation angepasst sein. Alle Kinder besitzen bestimmte Vorzüge und sollten gelehrt werden, sie zu benützen. Diese Vorzüge teilen sie mit der ganzen Menschheit, ungeachtet der Rasse oder der Nationalität. Daher werden die Erzieher in Zukunft das Hauptgewicht auf folgende Punkte lege

1. Eine sich entwickelnde mentale Beherrschung der Gefühlsnatur.

2. Die Vision, oder die Fähigkeit, über das Vorhandene hinaus das künftig Mögliche zu sehen.

3. Ererbtes Faktenwissen, dem die Weisheit der Zukunft hinzugefügt werden kann.

4. Die Fähigkeit, Beziehungen zur Umwelt weise zu handhaben und die eigene Verantwortung zu erkennen und zu übernehmen.

5. Die Kraft, das Denkvermögen auf zwei Arten zu gebrauchen:

a) als «gesunden Menschenverstand» (in der alten Bedeutung des Wortes), der die durch die fünf Sinne übermittelten Informationen analysiert und zur Synthese vereint,

b) als Scheinwerfer, der in die Welt der Ideen und der abstrakten Wahrheit vordringt.

Wissen kommt aus zwei Richtungen. Es ist das Ergebnis des intelligenten Gebrauchs der fünf Sinne, und es wird auch durch den Versuch entfaltet, Ideen aufzugreifen und zu verstehen. Beides wird durch Wissbegierde und Nachforschungen in Gang gesetzt. Erziehung sollte dreifacher Art sein, und alle drei sind nötig, um die Menschheit zu einem notwendigen Entwicklungspunkt zu bringen.

Erziehung ist zunächst ein Vorgang des Aneignens von Fakten aus Vergangenheit und Gegenwart - und dann zu lernen, dieser Menge allmählich angehäufter Kenntnisse das zu entnehmen und zu bewahren, was in einer gegebenen Situation von praktischem Wert sein kann. Dieser Vorgang umfasst die Grundlagen unseres heutigen Erziehungssystems.

Zweitens ist Erziehung ein Lernprozess, um als Ergebnis von Wissen und verständnisvollem Erfassen des Sinnes, der sich hinter den übermittelten äußeren Fakten verbirgt, zu Weisheit zu gelangen. Es ist die Fähigkeit, Wissen so anzuwenden, dass gesunde Lebensanschauung und intelligente Verhaltenstechnik die natürlichen Folgen sind. Dies umfasst auch die Ausbildung in spezialisierten Tätigkeiten, die sich auf angeborene Neigungen, Talente oder Genialität gründen.

Drittens, schließlich ist Erziehung ein Prozess, durch welchen Einheit und ein Sinn für Synthese kultiviert wird. In Zukunft werden die jungen Leute gelehrt werden, sich nur im Zusammenhang mit der Gruppe, mit der Familieneinheit und der Nation zu sehen, in die ihr Schicksal sie hineingestellt hat. Man wird sie auch lehren, in Begriffen von Weltbeziehungen zu denken und ihre eigene Nation in deren Beziehungen zu anderen Nationen zu beurteilen. Dazu gehört Erziehung zu Bürgersinn, zu Elternschaft und zur Weltverständigung; sie ist grundlegend psychologischer Art und sollte Verständnis für die Menschheit als solche übermitteln. Durch diese Art von Erziehung werden wir Männer und Frauen entwickeln, die sowohl zivilisiert als auch kultiviert sind und dazu die Fähigkeit besitzen, im Laufe ihres Lebens in jene Welt der Bedeutung weiterzugehen, die hinter der Welt der äußeren Erscheinungen liegt. Dann werden sie anfangen, menschliche Ereignisse in Begriffen tieferer, geistiger und universeller Werte zu beurteilen.

Erziehung sollte der Vorgang sein, durch den die Jugend gelehrt wird, von der Ursache her auf die Wirkung zu schließen, den Grund zu erkennen, warum bestimmte Taten unvermeidlich bestimmte Resultate zeitigen müssen und warum - bei einer gegebenen emotionalen und mentalen Ausrüstung plus ermittelter psychologischer Bewertung - genaue Lebenstendenzen determiniert werden und bestimmte Berufe und Karrieren den richtigen Entwicklungsrahmen und ein nützliches, ergebnisreiches Erfahrungsfeld bieten können. Einige Versuche in dieser Richtung sind von gewissen Schulen unternommen worden mit der Absicht, die psychologischen Fähigkeiten eines Jungen oder Mädchens für einen Beruf festzustellen; aber diese Bestrebungen sind noch nicht ausgereift. Wenn sie in wissenschaftlicher Form durchgeführt werden, öffnen sie die Türe für wissenschaftliche Schulung; sie geben der Geschichte, der Biographie und dem Studium Bedeutung und inneren Sinn, und vermeiden dadurch bloße Übermittlung von Fakten und den primitiven Vorgang des Gedächtnistrainings, welche die vergangenen Methoden kennzeichneten.

Die neue Erziehung wird Vererbung, soziale Stellung, nationale Prägung und Umwelt des Kindes sowie seine individuelle mentale und emotionale Ausrüstung gebührend berücksichtigen. Sie wird ihm die gesamte Welt des für ihn Erreichbaren eröffnen und ihm erklären, dass scheinbare Hindernisse seines Fortschritts nur ein Ansporn für erneutes Bemühen sind. So wird man bestrebt sein, das Kind aus jedem begrenzenden Zustand herauszuziehen (in der wahren Bedeutung des Wortes «Erziehung»), und es lehren, in Begriffen konstruktiven Weltbürgertums zu denken…….

Der Erzieher der Zukunft wird sich dem Jugendproblem vom Standpunkt der instinktiven Reaktion der Kinder, von ihrer intellektuellen Fähigkeit und ihrer Intuitionsmöglichkeit aus nähern. In der Kindheit und während der ersten Schuljahre wird die Entwicklung richtiger instinktiver Reaktionen überwacht und ausgebildet werden; in den höheren Klassen, die den Oberschulen entsprechen, werden die intellektuelle Entfaltung und die Beherrschung des Denkvorganges betont werden, während an den Hochschulen und Universitäten die Entwicklung der Intuition, die Wichtigkeit von Ideen und Idealen und die Entfaltung des abstrakten Denk- und Wahrnehmungsvermögens gefördert werden wird; diese letzte Stufe wird sich in vernünftiger Weise auf das vorhergehende gesunde intellektuelle Fundament stützen. Diese drei Faktoren - Instinkt, Intellekt und Intuition - bestimmen die Leitgedanken für die drei Schulinstitutionen, die jeder junge Mensch durchmachen wird und durch die schon heute viele Tausende hindurchgehen.

In den modernen Schulen (Elementarschulen, Mittel- und Oberschulen, Hochschulen und Universitäten) kann ein unvollkommenes, aber symbolisches Bild des dreifachen Zieles der kommenden Erziehung gesehen werden, nämlich Zivilisation, Kultur und Weltbürgertum oder Einheit.

Die Elementarschulen könnten als die Hüter der Zivilisation angesehen werden. Sie müssen damit beginnen, das Kind über das Wesen der Welt zu belehren, in der es seine Rolle spielen soll, indem sie ihm seinen Platz in der Gruppe zeigen und es auf ein intelligentes Leben und richtige soziale Beziehungen vorbereiten. Lesen, Schreiben und Rechnen, die Anfangsgründe der Geschichte (mit Betonung der Weltgeschichte), Geographie und Dichtung werden gelehrt und gewisse wichtige Grundfakten des Lebens übermittelt, und es wird deutlich gemacht, dass Selbstbeherrschung notwendig ist.

Die Mittelschulen und höheren Lehranstalten sollten sich als die Bewahrer der Kultur betrachten, die umfassenderen Werte der Geschichte und Literatur betonen und einiges Verständnis für Kunst übermitteln. Sie müssten mit der Vorbereitung des jungen Menschen auf den zukünftigen Beruf oder die Lebensweise beginnen, von der anzunehmen ist, dass sie einmal sein Leben bestimmen wird. Staatsbürgerkunde wird in breiteren Begriffen gelehrt und gültige Wertmaßstäbe und Idealismus werden bewusst und ausdrücklich kultiviert werden. Die praktische Anwendung von Idealen wird deutlich hervorgehoben werden.

Unsere Hochschulen und Universitäten sollten eine Erweiterung dessen bieten, was bisher übermittelt wurde. Sie müssen das errichtete Gebäude verschönern und vervollkommnen und sich unmittelbar mit der 

Welt der Bedeutung befassen. Internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, politischer und religiöser Art müssen betrachtet und der eigene Bezug des jungen Menschen zur Welt als Ganzes muss hervorgehoben werden. Dies bedeutet keineswegs eine Vernachlässigung individueller oder nationaler Probleme oder Unternehmungen, sondern soll sie dem Ganzen als integrale und wirksame Teile einfügen und dadurch die separative Einstellung vermeiden, die den Zusammenbruch unserer modernen Welt herbeigeführt hat.

Später (wenn echte Religion wieder hergestellt ist) könnte es sich erweisen, dass diese Schulung eine grundlegend geistige ist, geistig im Sinne von Verstehen, Hilfsbereitschaft, Brüderlichkeit, rechten menschlichen Beziehungen und einem Glauben an die Wirklichkeit jener Welt, die hinter der sichtbaren liegt. Die Ausrüstung eines Menschen für Bürgerschaft im Reiche Gottes besteht nicht in einer religiösen Tätigkeit, die ausschließlich von den Kirchen und vermittels theologischer Lehren behandelt wird, obschon es vieles gäbe, was diese tun könnten. Es ist mit Sicherheit die Aufgabe der höheren Erziehung, allem, was getan worden ist, Ziel und Bedeutung zu verleihen.

Wenn wir das Curriculum betrachten, das für die Jugend der gegenwärtigen Generation geplant werden soll, bietet sich folgende Einteilung an:

Grundschule - Zivilisation - Alter 4-12

Oberschule – Kultur - Alter 12-18

Hochschule - Weltbürgertum - Alter 18-25

In Zukunft wird die Pädagogik einen viel umfassenderen Gebrauch von der Psychologie machen müssen als bisher. Ein Trend in diese Richtung ist schon deutlich erkennbar. Das Wesen des Jungen oder Mädchens - in physischer, vitaler, emotionaler und mentaler Hinsicht - wird sorgfältig untersucht, und seine noch unklaren Lebensziele werden in richtige Bahnen gelenkt. Das Kind wird dazu erzogen, sich selbst als den zu sehen, der handelt, fühlt und denkt. Auf diese Weise wird die Verantwortlichkeit des zentralen «Ich» oder des Bewohners des Körpers deutlich. Das wird die gesamte heutige Einstellung der Weltjugend gegenüber ihrer Umgebung ändern und sie von Anfang an zu der Erkenntnis führen, dass sie eine Rolle zu spielen und Verantwortung zu übernehmen hat. Erziehung wird dann als eine Vorbereitungsmethode auf eine interessante und als nützlich erkannte Zukunft betrachtet werden.

Es wird daher immer klarer, dass die künftige Erziehung in einem neuen und erweiterten Sinne als die Wissenschaft von den rechten menschlichen Beziehungen und der sozialen Organisation definiert werden könnte. Dies gibt jedem darauf ausgerichteten Curriculum eine relativ neue Zielsetzung und zeigt doch, dass nichts, was bisher darin enthalten war, jetzt ausgeschlossen werden müsste; es wird lediglich eine bessere Motivation erkennbar, und jede nationalistische, selbstsüchtige Darstellung wird vermieden. Wird zum Beispiel Geschichte auf der Grundlage der Ideen gelehrt, welche die Menschheit beeinflusst und vorwärtsgebracht haben und nicht auf der Grundlage von Angriffskriegen und internationalen oder nationalen Diebstählen, dann wird sich die Erziehung mit der richtigen Erkenntnis und Anwendung von Ideen befassen, mit deren Umwandlung in wirkende Ideale und deren Auswirkung als Wille zum Guten, Wille zur Wahrheit und Wille zur Schönheit. Auf diese Weise kommt eine sehr notwendige Änderung der Menschheitsziele zustande, weg von unseren gegenwärtig auf Wettbewerb und materialistischen Zielen beruhenden Bestrebungen, hin zu solchen, die ein besserer Ausdruck der Goldenen Regel sein und zwischen Individuen, Gruppen, Parteien und Nationen, und in der ganzen internationalen Welt rechte Beziehungen schaffen werden. Immer stärker sollte sich Erziehung mit der Gesamtheit des Lebens ebenso befassen wie mit den Einzelheiten des täglichen individuellen Lebens. Das Kind wird als Individuum entwickelt und ausgerüstet, geschult und motiviert, und dann über seine Verantwortlichkeit dem Ganzen gegenüber sowie über den Wert seines Beitrages, den es zum Wohl der Gruppe leisten kann und muss, belehrt.

Es ist vielleicht ein Gemeinplatz zu sagen, dass sich Erziehung notwendigerweise mit der Entwicklung der Verstandeskräfte des Kindes beschäftigen sollte und nicht in erster Linie - wie das heute gewöhnlich der Fall ist - mit Gedächtnisschulung und papageienhaftem Speichern von Fakten, Daten und unzusammenhängenden, schlecht verdauten Einzelinformationen. Die Geschichte des Wachstums der menschlichen Aufnahmefähigkeit bei unterschiedlichen nationalen und rassischen Bedingungen ist von größtem Interesse. Die herausragenden Gestalten der Geschichte, Literatur, Kunst und Religion werden dann sicher vom Standpunkt ihrer Wirkung und ihres guten oder schlechten Einflusses auf ihre Zeit sowie auf Qualität und Ziel ihrer Führerschaft aufmerksam studiert werden. So wird das Kind eine große Menge historischer Information, Idealismus und Philosophie nicht nur mit größter Leichtigkeit, sondern auch mit bleibender Wirkung auf seinen Charakter aufnehmen können.

Die Kontinuität des Bemühens, die Auswirkungen alter Tradition auf die Zivilisation, auf gute und schlechte Ereignisse und die Wechselwirkung der verschiedenen kulturellen Aspekte der Zivilisation, werden der Aufmerksamkeit des Kindes nahegebracht werden und die trockenen Informationen, Daten und Namen werden wegfallen. Auf diese Weise könnten alle Zweige des menschlichen Wissens wieder zum Leben erwachen und eine neue Stufe konstruktiven Nutzens erlangen. Es besteht bereits eine deutliche Tendenz in dieser Richtung, und das ist gut und vernünftig. Es wird immer mehr anerkannt, dass die Vergangenheit der Menschheit der Ausgangspunkt für das jetzige Geschehen, und die Gegenwart der bestimmende Faktor für die Zukunft ist; dadurch werden große und notwendige Veränderungen in der menschlichen Psychologie als Ganzes bewirkt.

Kapitel II - Das Problem der Kinder der Welt - Teil 2

Unter dem Einfluss der neuen Zeit sollte auch die schöpferische Befähigung des Menschen größere Aufmerksamkeit erfahren; das Kind wird entsprechend seinem Temperament und seiner Fähigkeit zu persönlicher Anstrengung angespornt werden. So wird es veranlasst, das, was ihm an Schönheit und richtigen Gedanken zur Verfügung steht, zur Gesamtsumme des menschlichen Denkpotentials beizutragen; es wird dazu ermutigt, zu forschen, und die Welt der Wissenschaft wird sich vor ihm auftun. Hinter all diesen praktisch verwerteten Antrieben werden die Motive des guten Willens und rechter menschlicher Beziehungen zu finden sein.

Schließlich sollte die Erziehung mit Sicherheit die Hypothese von der Seele als den inneren Faktor im Menschen verdeutlichen, der das Gute, Wahre und Schöne hervorbringt. Schöpferischer Ausdruck und humanitäre Bemühungen werden dadurch eine logische Grundlage erhalten. Dies wird dann nicht, wie es heute der Fall ist, durch eine theologische oder doktrinäre Darlegung geschehen, sondern in der Form eines zu untersuchenden Problems und mit dem Bemühen, die Frage zu beantworten: Was ist der Mensch? Was ist sein eigentlicher Zweck innerhalb des Systems der Dinge? - Die Lebendigkeit des Einflusses und die proklamierten Ziele hinter den seit Jahrhunderten in Erscheinung tretenden geistigen, kulturellen und künstlerischen Führern der Welt, werden studiert, und ihr Leben wird sowohl vom historischen als auch vom psychologischen Standpunkt aus erforscht werden. Dies wird der Jugend der Welt das ganze Problem der Führerschaft und der Motive aufschließen. Erziehung wird daher in Form von menschlichen Interessen, menschlichen Errungenschaften und Möglichkeiten dargeboten werden. Das wird in einer Weise geschehen, die des Schülers Denken nicht nur mit historischen und literarischen Fakten bereichert, sondern auch seine Vorstellungskraft beleben und Ehrgeiz und Streben nach wahren, richtigen Grundlinien wecken. Die Welt menschlicher Bemühungen in der Vergangenheit wird dem Lernenden in einer gültigeren Perspektive dargeboten und die Zukunft wird ihm eröffnet durch einen Appell auch an seine persönliche Anstrengung und seinen persönlichen Beitrag.

All das bedeutet keineswegs eine Anklage der alten Methoden, außer insoweit, als die heutige Welt selber eine Anklage darstellt; es handelt sich weder um eine unpraktische Vision noch um eine mystische Hoffnung, die auf Wunschdenken beruht. Es bezieht sich auf eine Einstellung zum Leben und zur Zukunft, die heute viele Tausende von Menschen haben, darunter viele Erzieher in jedem Lande. Die Missgriffe und Fehler der alten Methoden sind deutlich sichtbar, aber es ist hier schade um die Zeit, sie hervorzuheben oder im Einzelnen aufzuzählen. Was benötigt wird, ist das Erfassen der unmittelbaren günstigen Gelegenheit und die Erkenntnis, dass ein erfolgreicher Wandel der Zielsetzung und eine Änderung der Methoden lange dauern werden. Wir werden unsere Lehrer anders ausbilden müssen, und viel Zeit wird vergehen, während wir nach neuen und besseren Wegen suchen, neue Schulbücher erarbeiten und die Männer und Frauen finden, die von der neuen Vision beeindruckt werden können und für die neue Zivilisation wirken werden. Wir versuchen hier nur, Prinzipien zu unterstreichen, geben dabei aber zu, dass viele davon keineswegs neu sind, dass sie aber erneut betont werden müssen. Jetzt ist der Tag der Gelegenheit. Es sollte daher ein besseres Erziehungssystem ausgearbeitet werden, das die Möglichkeiten menschlichen Lebens in einer Weise darstellt, die dazu geeignet ist, Grenzen niederzureißen, Vorurteile abzubauen und dem sich entwickelnden Kind eine Schulung angedeihen zu lassen, die es befähigt, als Erwachsener in Harmonie und gutem Willen mit anderen Menschen zusammenzuleben. Dies kann geschehen, wenn Geduld und Verständnis entwickelt werden und wenn die Pädagogen sich vor Augen halten, dass da, «wo keine Vision ist, die Völker zugrunde gehen.»

Ein internationales Erziehungssystem, das auf gemeinsamen Konferenzen von weit denkenden Lehrern und pädagogischen Autoritäten in jedem Lande ausgearbeitet wird, ist heute eine schreiende Notwendigkeit und würde einen gewichtigen Faktor zur Erhaltung des Weltfriedens darstellen. Schritte in dieser Richtung werden bereits unternommen, Gruppen von Erziehern kommen zusammen und diskutieren über die Schaffung eines besseren Systems, das dafür bürgen wird, dass den Kindern der verschiedenen Nationen (vor allem den Millionen Kindern, die heute nach Erziehung verlangen) die Wahrheit gelehrt wird, ohne Voreingenommenheit und Vorurteile.

Eine weltweite Demokratie wird zur Wirklichkeit, wenn die Menschen überall wirklich als gleichwertig betrachtet werden; wenn die Jugend gelehrt wird, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Mensch Asiate, Amerikaner, Europäer, Engländer, Jude oder «Heide» ist, sondern nur darauf, dass jeder seinen historischen Hintergrund und Werdegang besitzt, der es ihm ermöglicht, etwas zum Wohl des Ganzen beizutragen, und dass das Haupterfordernis guter Wille und stetiges Bemühen um rechte menschliche Beziehungen ist. Eine einige Welt wird zu einer Tatsache werden, wenn die Kinder der Welt gelehrt werden, dass religiöse Unterschiede weitgehend davon abhängen, wo der Mensch geboren ist; ist ein Mensch in Italien geboren, wird er wahrscheinlich römisch-katholisch sein; ist er als Jude geboren, wird er der jüdischen Lehre folgen; ist er in Asien geboren, kann er Mohammedaner oder Buddhist sein, oder einer der Hindusekten angehören; ist er in anderen Ländern geboren wird er Protestant sein und so fort. Der junge Mensch wird begreifen, dass religiöse Unterschiede weitgehend die Folgen menschengemachter Streitigkeiten über Auslegungen der Wahrheit sind. So werden nach und nach unsere Querelen und Differenzen ausgeglichen werden, und die Idee der einen Menschheit wird an deren Stelle treten.

Wesentlich mehr Sorgfalt wird man in Zukunft der Auswahl und Ausbildung der Lehrer widmen müssen…….Es ist zwar wichtig, dass ein Lehrer mentale Ausrichtung erreicht hat und sein Spezialfach beherrscht; noch wichtiger ist es aber, dass er ganz frei ist von Vorurteilen, und alle Menschen als Glieder einer Familie sehen kann. Der Erzieher der Zukunft wird besser in Psychologie ausgebildet sein müssen als das heute der Fall ist. Neben der Übermittlung akademischen Wissens wird er erkennen müssen, dass seine Hauptaufgabe darin besteht, in den Schülern seiner Klasse wirkliches Verantwortungsbewusstsein zu wecken; was immer er zu lehren hat - Geschichte, Erdkunde, Mathematik, Sprachen, die verschiedenen Zweige der Wissenschaft oder Philosophie, - er wird alles zur Wissenschaft der Rechten Menschlichen als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Wenn einmal die Jugend der Zukunft nach den hier vorgeschlagenen Grundsätzen zivilisiert, kultiviert und für Weltbürgertum empfänglich geworden sind, werden wir eine Welt mit erwachten, schöpferischen Menschen haben, die wirkliches Verständnis für Werte und einen gesunden, konstruktiven Sinn für Weltangelegenheiten haben werden. Es wird lange Zeit brauchen, um das zu erreichen, aber es ist nicht unmöglich, wie es die Geschichte selber bewiesen hat. Eines Tages wird eine Analyse darüber gemacht werden, was die drei großen Kontinente Europa, Asien und Amerika zur allgemeinen Entfaltung der Menschheit beigetragen haben. Die progressive Offenbarung des glorreichen menschlichen Geistes bedarf noch immer der schriftlichen Bestätigung - nämlich die Glorie aller Aspekte und nicht nur jener, die rein nationaler Art sind. Sie besteht in der Tatsache, dass jede Rasse und alle Nationen immer Menschen hervorgebracht haben, die für ihre Zeit und Generation den höchstmöglichen Punkt der Errungenschaft darstellten - Menschen, die in sich jene grundlegende Dreiheit vereinten: Instinkt, Intellekt und Intuition. In den frühen Stadien der menschlichen Entfaltung waren es verhältnismäßig wenige, heute jedoch nimmt ihre Zahl rasch zu.

Es versteht sich von selbst, dass diese Integration nicht jedem Schüler möglich ist, der durch die Hände unserer Erzieher geht. Die Schüler werden von den drei Gesichtspunkten aus eingeschätzt werden müssen, welche die Grundlage dieses Kapitels bilden:

1. Diejenigen, die zivilisationsfähig sind. Das bezieht sich auf die Masse der Menschen.

2. Diejenigen, die fähig sind, noch weiter in die Welt der Kultur eingeführt zu werden. Das ist eine große Anzahl.

3. Diejenigen, welche über Zivilisation und Kultur hinaus noch die Fähigkeit besitzen, als Seele zu funktionieren, und zwar nicht nur in den zwei Welten des instinktiven und intelligenten Lebens, sondern auch in der Welt der spirituellen Werte, und das in vollständiger, dreifältiger Integration.

Indessen können alle, ungeachtet ihrer ursprünglichen Fähigkeit, in der Wissenschaft rechter menschlicher Beziehungen geschult werden und damit dem hauptsächlichen Ziel des künftigen Erziehungssystems entsprechen. Anzeichen hierfür sind überall erkennbar, aber vorläufig wird diesbezüglich das Gewicht noch nicht auf die Ausbildung der Lehrer oder die Beeinflussung der Eltern gelegt. Viel, sehr viel ist überall von aufgeklärten Gruppen getan worden, indem sie gleichzeitig die Bedürfnisse des Bürgers und die sozialen Zusammenhänge studierten, und auch von vielen Organisationen, die versuchen, der breiten Masse ein Verantwortungsbewusstsein für menschliches Glück und Wohlbefinden zu vermitteln. Diese Arbeit müsste schon in der Kindheit beginnen, damit das Bewusstsein des Kindes (das so leicht zu lenken ist) von frühester Kindheit an eine selbstlose Haltung gegenüber seinen Gefährten einnehmen kann.

Es ist Überbrückungsarbeit, die jetzt getan werden muss - eine Überbrückung zwischen dem, was heute besteht, und dem, was in der Zukunft sein kann. Wenn wir während der kommenden Jahre diese Technik zur Überbrückung der vielen Spannungen erfolgreich entwickeln, die innerhalb der menschlichen Familie bestehen, und Rassenhass und separatistische Haltungen der Nationen und Völker beseitigen, dann werden wir mit Erfolg eine Welt schaffen, in der Krieg unmöglich sein und die Menschheit sich als eine Familie erkennen wird, und nicht als eine sich bekämpfende Anhäufung vieler Nationen und Völker, die sich im Konkurrenzkampf bemühen, einander den Rang abzulaufen, und die erfolgreich Hass und Vorurteile weiter schüren. Das war, wie wir gesehen haben, die Geschichte der Vergangenheit. Der Mensch hat sich aus einem isolierten Tier, das nur von seinen Instinkten der Selbsterhaltung, wie Nahrungsaufnahme und Paarung getrieben war, durch die Stadien des Familien-, Stammes- und nationalen Lebens zu dem Punkt entwickelt, wo er jetzt ein höheres Ideal erfassen kann - nämlich internationale Einheit oder das reibungslose Funktionieren der einen Menschheit.

Dieser wachsende Idealismus drängt sich ständig, trotz aller trennenden Feindseligkeiten, in den Vordergrund des menschlichen Denkens. Deshalb ist er weitgehend für das heutige Chaos verantwortlich und hat gleichzeitig zur Gründung der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen geführt. Aus Idealismus sind auch die sich bekämpfenden Ideologien entstanden, die bestrebt sind, weltweit zum Ausdruck zu kommen. Er hat das dramatische Erscheinen der sogenannten nationalen Retter, Weltpropheten und Weltarbeiter, Idealisten, Opportunisten, Diktatoren, Forscher und Menschenfreunde hervorgebracht. Diese einander oft widersprechenden Idealismen sind ein gesundes Zeichen, ob wir mit ihnen übereinstimmen, oder nicht. Sie sind deutliche Reaktionen auf das drängende und rechtmäßige menschliche Verlangen nach besseren Lebensverhältnissen, nach mehr Licht und Verständnis, nach besserer Zusammenarbeit, Sicherheit, Frieden und Wohlstand, anstelle von Terror, Furcht und Hungersnot.

Schlussfolgerung

Es ist für den modernen Menschen schwer, sich eine Zeit vorzustellen, in der kein rassisches, nationales oder trennendes religiöses Bewusstsein mehr im menschlichen Denken vorhanden sein wird. Ebenso schwer war es für den vorgeschichtlichen Menschen, sich eine Zeit vorzustellen, in der es nationales Denken geben könnte. Der Zeitpunkt, da die Menschheit fähig sein wird, in weltumfassenden Begriffen zu denken, liegt noch immer weit vor uns; doch die Tatsache, dass wir darüber sprechen, sie herbeiwünschen und Pläne für sie entwerfen können, bietet sicher eine Garantie, dass es nicht unmöglich ist. Die Menschheit ist immer von einer Stufe der Erleuchtung zur anderen vorwärtsgegangen und von Glorie zu Glorie. Wir sind heute auf dem Wege zu einer weit besseren Zivilisation, als sie die Welt je gekannt hat, und gehen Verhältnissen entgegen, die eine viel glücklichere Menschheit gewährleisten und das Ende aller nationalen Differenzen und Klassenunterschiede (ob sie auf Vererbung oder finanziellem Status beruhen) sehen und ein erfüllteres, reicheres Leben für jedermann sichern werden.

Es ist klar, dass sehr viele Jahrzehnte verstreichen werden, ehe ein solcher Zustand Tatsache sein wird; aber es werden Jahrzehnte sein und nicht Jahrhunderte, vorausgesetzt, dass die Menschheit die Lehren aus dem vergangenen Krieg ziehen wird und man verhindern kann, dass die Reaktionären und Konservativen in jeder Nation die Zivilisation auf die schlechten alten Bahnen zurückdrängen. Aber ein Anfang kann sofort gemacht werden. Einfachheit sollte unser Lösungswort sein, denn es ist Einfachheit, die unsere alte, materialistische Lebensweise vernichten wird. Kooperativer guter Wille ist mit Sicherheit die erste Idee, die den Massen dargeboten und in unseren Schulen gelehrt werden muss, wodurch die neue und bessere Zivilisation garantiert werden kann. Intelligent angewandtes liebevolles Verständnis sollte das Kennzeichen der gebildeten, weiseren Gruppen sein sowie deren Bemühen, die Welt der inneren Bedeutung mit der Welt der äußeren Bestrebungen zu verbinden - zum Wohle der Massen. Weltbürgertum aus Ausdruck des guten Willens und Verstehens sollte das Ziel der Aufgeklärten überall und das Merkmal des geistigen Menschen sein. In diesen drei Elementen finden sich die richtigen Relationen zwischen Erziehung, Religion und Politik.

Der Grundton der neuen Erziehung ist im wesentlichen die richtige Interpretation des vergangenen und gegenwärtigen Lebens und dessen Beziehung zur Zukunft der Menschheit. Der Grundton der neuen Religion sollte und muss eine richtige Annäherung an Gott sein, an Gott, der transzendent in der Natur und immanent im Menschen ist. Doch der Grundton der neuen Politik- und Staatswissenschaft werden rechte menschliche Beziehungen sein. Auf beides muss die Erziehung das Kind vorbereiten."




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