Passive und aktive Sensitivität


Erfahrungsgemäß äußert und entwickelt sich eine sensitive Veranlagung sehr unterschiedlich. Dies hängt von dem geistigen Reife- und Entwicklungsgrad eines sensitiven Menschen ab. Grob betrachtet kann man die Sensitivität daher in eine „passive“ und „aktive“ Sensitivität einteilen. In den folgenden Abschnitten habe ich die Merkmale dieser beiden sensitiven Typen näher beschrieben.

Passive Sensitivität



Menschen, deren Sensitivität passiv ausgerichtet ist, verfügen oft über eine labile
und willensschwache Persönlichkeit. Sie werden von den sinnlichen und übersinnlichen Einflüssen, denen sie ausgesetzt sind, mehr oder weniger unkontrolliert überflutet, beeinflusst und gesteuert. Oft ist ihnen dies nicht einmal bewusst. Aufgrund von mangelndem Unterscheidungsvermögen erkennen sie nicht oder nur ungenügend, was ihre eigenen und was fremde Emotionen, Gedanken und Energien sind. Da sie eher eine unreife und schwache Persönlichkeit aufweisen, haben sie kaum ein eigenes Profil entwickelt und lassen sich daher übermäßig von der Meinung ihrer Mitmenschen beeinflussen. Sie fühlen sich häufig minderwertig, sind konfliktscheu und können sich schwer behaupten und abgrenzen, daher lassen sie sich auch nicht selten ohne Gegenwehr von anderen Menschen ausnutzen, manipulieren oder schlecht behandeln. Passiv sensitive Menschen sind eher gefühlsbetont und ihnen fehlt häufig eine mental strukturierte und zielorientierte Vorgehensweise. Auch ergreifen sie i.d.R. nicht selbst die Initiative, sondern brauchen einen Impuls oder Druck von außen, um aktiv zu werden.
Häufig leben sie ein fremdbestimmtes Leben bis hin zu völligen Selbstaufgabe. Passive sensitive Menschen neigen auch zur Opfermentalität, indem sie die Verantwortung für ihr Leben und ihr Handeln nach außen projizieren. So sind sie nicht selten Opfer von (angeblicher) Ungerechtigkeit und Mobbing, sind aber kaum bereit, ihren eigenen Anteil an den Geschehnissen zu sehen.
Bei passiv sensitiven Menschen besteht die Gefahr, dass sie auf Grund ihrer hohen Empfindsamkeit sich übermäßig zurückziehen und sich sozial isolieren. Dies kann zu einer ungesunden Verstärkung ihrer Sensitivität (= Über-Empfindlichkeit), zu psychischen Störungen und sogar zur Lebensuntauglichkeit führen. 


Aktive Sensitivität

Menschen, deren Sensitivität aktiv ausgerichtet ist, verfügen über eine willensstarke und stabile Persönlichkeit. Sie haben ein eigenes Profil (ICH-Stärke) entwickelt und sagen, was sie denken (und fühlen), auch wenn sie auf Gegenwehr stoßen. Sie können sich gut behaupten und abgrenzen. Aktiv sensitive Menschen lassen sich nicht von ihren Emotionen beherrschen, sondern sind i.d.R. mental gut reflektiert, strukturiert und zielorientiert ausgerichtet und haben klare Ziele im Leben, die sie mehr oder weniger konsequent verfolgen. Auch können sie eigene Gefühle, Gedanken und Energien von fremden Einflüssen unterscheiden. Sie übernehmen Verantwortung für ihr Denken und Handeln, daher setzen sie ihre sensitiven Fähigkeiten gern zum Wohl ihrer Mitmenschen ein. Da sie ihre Grenzen kennen, geraten sie nicht so schnell in Gefahr, ausgenutzt zu werden oder ein Helfersyndrom zu entwickeln. Aktive sensitive Menschen entwickeln zunehmend eine immer feinere Sensitivität und ihre intuitiven Fähigkeiten nehmen zu.

Um die passive und aktive Sensitivität besser unterscheiden zu können, habe ich in meiner Aufzählung die Unterschiede sehr betont. In der Realität weisen die meisten sensitiven Menschen gleichzeitig aktive und passive Aspekte der Sensitivität auf, aber i.d.R. haben sie einen Schwerpunkt entweder auf dem passiven oder aktiven Aspekt.

Wie kann man eine passive Sensitivität in eine aktive Sensitivität umwandeln?

Folgende Eigenschaften und Fähigkeiten sollten für eine aktive Sensitivität vorrangig entwickelt werden:

ICH-Stärke entwickeln: indem man sich durch Selbstbeobachtung besser kennenlernt und herausfindet, was man will und was man nicht will. Was sind die eigenen Talente und Stärken, und was sind die Schwächen (Schattenseiten)? Dazu gehört, dass man sich eine eigene, unabhängige und fundierte Meinung bildet und diese auch mutig nach außen vertritt, selbst wenn man auf Widerstand stößt. Konflikte auf positive Weise angehen und lösen, dadurch gewinnt man sehr viel Stärke und Selbstvertrauen. Auch mal etwas wagen, was man sonst nie tun würde.

Mentales Rüstzeug: Selbstreflexion und Unterscheidungsvermögen entwickeln, um Fremdeinflüsse von eigenen Emotionen und Gedanken unterscheiden zu können.
Sich klare Ziele setzen, diese strukturiert (Planung machen) Schritt für Schritt umsetzen. Die Ziele auch gegen Widerstände und Ablenkungen ausdauernd und konsequent verfolgen. Willenskraft ist wie ein Muskel, den man täglich trainieren muss, indem man, auch wenn man mal einen schlechten Tag hat, weiter an seinen Zielen arbeitet. Sich nicht von seinen Emotionen und Launen beherrschen lassen, aber ohne die Gefühle und Bedürfnisse zu unterdrücken.

Selbstbehauptung und Abgrenzung: wer sich selbst wertschätzt, wird sich auch eher abgrenzen als jemand, der unter Minderwertigkeit leidet. Daher ist eine wichtige Voraussetzung für Selbstbehauptung und Abgrenzung, dass man lernt, sich selbst wertzuschätzen. Man schätzt sich eher wert, wenn man aus seinem Leben auch etwas macht und sich nicht gehen lässt.
Als sensitiver Mensch ist für eine positive und gesunde Entwicklung notwendig, dass man sich gut abgrenzen kann. Das beginnt schon damit, dass man nicht mehr etwas macht, was man eigentlich nicht will. Abgrenzen heißt auch, dass man sich vor unkontrollierter Aufnahme an äußeren Reizen und Einflüssen schützt, z.B. durch positiven Rückzug und regelmäßige Pausen und vor allem aggressive, über-griffige und manipulative Menschen in ihre Schranken weist. Abgrenzung heißt aber auch, dass man sich selbst gegenüber schädlichen Verhaltensweisen abgrenzt (z.B. Perfektionismus, Selbstausbeutung, lieblose und negative Gedanken, Helfersyndrom, schlechte Gewohnheiten).

Sein Leben aktiv gestalten: nur man selbst kann wissen, was einem guttut und was man in seinem Leben erreichen will. Daher sollte man nicht so sehr auf andere Menschen (Eltern, Gesellschaft, Lehrer, Berater etc.) hören, sondern mehr auf sich selbst hören (d.h. nach Innen lauschen und die authentischen inneren Impulse und Inspirationen wahrnehmen). Nicht darauf warten, dass das Schicksal einem Beine macht, sondern vorher schon aktiv sein Leben angehen. 
Meine spirituelle Lehrerin hat einmal gesagt, dass Gott uns das Leben geschenkt hat und unser Geschenk an Gott ist das, was wir daraus gemacht haben. 
Jeder Mensch hat einmalige Talente und Fähigkeiten, die er entdecken und leben sollte. Ein fremdbestimmtes Leben ist, als ob man das Leben eines anderen lebt, was in gewisser Weise ein Verrat an der eigenen „Seele“ ist. Sein eigenes Leben zu leben, ist nicht immer das einfachere Leben und es braucht oft Mut und Vertrauen, aber es lohnt sich. Wenn man sein eigenes Leben lebt, bekommt man auch nicht unbedingt die Anerkennung der Mitmenschen und Gesellschaft, aber das Ergebnis kann ein tiefes Gefühl von Erfüllung sein, dann ist die äußere Anerkennung nicht mehr wichtig.

Ich biete im Rahmen meiner Beratung meine Unterstützung an, eine passive Sensitivität in eine aktivere Form der Sensitivität umzuwandeln.
 

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Ralf Manthey
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